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Interview: „Nachfolge-Unternehmer bekommen das Beste aus beiden Welten“

Interview zur WIGOS-Nachfolgeveranstaltung
Foto: © WIGOS - Sandra Joachim-Meyer

Die WIGOS begleitet und berät Unternehmen mit Unterstützung externer Spezialisten bei der Gestaltung des Nachfolgeprozesses. Am 18. Oktober, 17 bis 19 Uhr, lädt die WIGOS zum Nachfolgetag in das Kreishaus ein. Hauptreferent ist der Unternehmer Tobias Zimmer. Der Bissendorfer hat in Osnabrück das erfolgreiche Franchise-Unternehmen Coffee-Bike und die Schokoladenmarke myChoco gegründet. Mit seinem Unternehmen TRADINEO ist der Diplom-Kaufmann auf die Unternehmensnachfolge im deutschen Mittelstand spezialisiert. Wir haben im Vorfeld des Nachfolgetags im Kreishaus mit ihm ein Interview geführt.

Herr Zimmer, viele Unternehmen suchen nach einer Nachfolgelösung und ziehen einen Verkauf in Erwägung. Was sind die Vor- und Nachteile?

Viele Unternehmer:innen wünschen sich die Weitergabe des eigenen Unternehmens innerhalb der Familie. Immer häufiger haben die Kinder von Unternehmer:innen kein Interesse an der Nachfolge. In diesen Fällen ist der Verkauf sicherlich die bessere Lösung, die zudem auch weitere Vorteile mit sich bringt: Beim Verkauf des Unternehmens an einen externen Käufer erhalten Unternehmer:innen einen Kaufpreis, der in den meisten Fällen die Rente und finanzielle Unabhängigkeit im Alter sichert. Zusätzlich bewirkt der Verkauf eine klare Trennung von Familien- und Geschäftsleben. Dies beugt emotionalen Konflikten vor. Nachteil ist, dass sich der Unternehmer oder die Unternehmerin vom Lebenswerk trennen muss.


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Was sollten Unternehmen bei diesem Modell beachten?

Aufgrund der emotionalen Bindung an das eigene Unternehmen ist es wichtig, dass sich Inhaber:innen vor der Verkaufsentscheidung bewusst machen, welche Verkaufsbedingungen für sie persönlich wichtig sind. Der Kaufpreis ist nach unserer Erfahrung häufig nicht das ausschlaggebende Kriterium. Viele Unternehmer bewegen eher Fragen wie: Können sie noch für einen begrenzten Zeitraum beratend an Bord bleiben oder gibt es eine Übergangsphase bzw. einen fixen Zeitpunkt, zu dem man ausscheidet? Häufig wollen die Unternehmer auch Sicherheit bezüglich der Arbeitsplätze haben. Ist sichergestellt, dass diese erhalten bleiben und es keine Standortschließungen gibt?

Für wen kommt denn ein Verkauf in Frage?

Familiengeführte Unternehmen haben eine spezielle DNA. Sollten die Kinder also Interesse an der Fortführung des Familienunternehmens haben und von der abgebenden Generation für fachlich kompetent gehalten werden, dann ergibt ein externer Verkauf keinen Sinn. Vielmehr sollte die Energie dann in einen professionellen Übergabeprozess gesteckt werden. Daneben spreche ich auch mit Unternehmer:innen, die - um einen Verkauf zu vermeiden - eine operative Geschäftsführung eingestellt haben. Diese berichten, dass sie nie ganz aus dem Tagesgeschäft, aber vor allem auch aus der wirtschaftlichen Verantwortung raus sind. Das kann eine Belastung sein. Wenn man diesem Druck aber weiterhin gewachsen ist und ihn aushalten möchte, ergibt ein Verkauf keinen Sinn. Sinn ergibt er nur dann, wenn man frei und nicht mehr gebunden sein möchte.

Ihr Unternehmen TRADINEO bietet den Erwerb von Familienunternehmen an. Aus welchem Grund sind Sie besonders an familiär geführten Unternehmen interessiert?

Familiengeführte Unternehmen sind das Herz des Mittelstands und seit Jahrzehnten das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Sie sind oft organisch gewachsen und haben so eine sehr stabile wirtschaftliche Basis sowie eine treue Belegschaft. Das haben sie vielen großen Konzernen oder auch neuen Start-Ups voraus. Rund jeder zweite Arbeitsplatz in Deutschland liegt im – oft familiengeführten – Mittelstand. Diese Arbeitsplätze müssen auch perspektivisch erhalten bleiben, um die Stabilität der deutschen Wirtschaft auch langfristig zu gewährleisten.

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Unternehmen aus?

Allgemein suchen wir nach mittelständischen Unternehmen mit einer soliden Basis und gemeinsamen Visionen. Denn wir sind der Überzeugung, dass man gute Unternehmen immer weiterentwickeln kann. Daher ist für uns nicht in erster Linie die Branche, sondern vielmehr das Geschäftsmodell interessant. Zusätzlich sollten auch die Rahmenbedingungen passen: So sollten die Firmen ein Betriebsergebnis von mindestens 500.000 Euro und eine Belegschaft von etwa 15 bis 150 Mitarbeitenden haben.

Wie unterscheidet sich TRADINEO von einem klassischen Private Equity Fonds?

Der wesentliche Unterschied liegt in der Art unseres Kapitals. Private Equity Fonds sammeln ihr Kapital in der Regel am Finanzmarkt ein und sind damit an Rückzahlungsfristen und Renditezusagen gebunden. Dies führt dazu, dass die meisten Private Equity Fonds beim Kauf eines Unternehmens bereits den Weiterverkauf nach fünf bis sieben Jahren planen, um ebendiesen Verbindlichkeiten gerecht zu werden. Sie planen also nur für kurzfristige Entwicklungshorizonte. Wir hingegen investieren ausschließlich unser eigenes – durch Unternehmertum erwirtschaftetes – Kapital und das Kapital einer kleinen Investorenbasis, bestehend aus vertrauten Unternehmerpersönlichkeiten aus unserer Region. Dieses Kapital ist weder an Laufzeiten noch Renditezusagen gebunden, was bedeutet, dass wir das Engagement in unseren Beteiligungen auf Dauer auslegen können. Denn anders als Private Equity Fonds planen wir keinen Weiterverkauf, sondern machen es uns zur Aufgabe, den Status Quo der Beteiligungen nicht nur zu erhalten, sondern langfristig weiter nach vorne zu bringen – auch durch zusätzliche Investitionen. Für die operative Geschäftsführung wiederum rekrutieren wir Unternehmertalente – unter anderem aus meinem Start-Up-Netzwerk. Diese bringen neben Digitalisierungskompetenz auch langjährige Führungserfahrung, entsprechende Branchenkenntnisse sowie vor allem auch langfristige Bindungsbereitschaft mit, um die Beteiligungen nachhaltig fortzuführen. Aber auch wenn Unternehmer:innen bereits kompetente und nachfolgeinteressierte Mitarbeitende oder Führungskräfte haben, sind wir bereit, diese beim Einstieg in die Nachfolge zu unterstützen und zum Beispiel die Finanzierung zu übernehmen.

Welche Vorteile hat das Konzept für Gründungsinteressierte, die den großen Schritt in die Selbstständigkeit und das finanzielle Risiko scheuen?

Neun von zehn Gründungen scheitern meist an finanziellen Herausforderungen oder einem unausgereiften Geschäftsmodell. Als Nachfolge-Unternehmer:in bei TRADINEO können sie im übernommenen Unternehmen hingegen auf eine solide Basis zurückgreifen. Auf der einen Seite sichert TRADINEO die Finanzierung der Übernahme und bietet so eine gewisse Planungssicherheit. Auf der anderen Seite handelt es sich bei dem Beteiligungsunternehmen um ein stabiles Unternehmen mit bestehenden Strukturen und einem funktionierenden und seit Jahren am Markt etablierten Produktportfolio oder Dienstleistungsangebot. Wir beteiligen unsere Nachfolge-Unternehmer:innen immer an den Unternehmen. So haben sie das Beste aus beiden Welten: Die Möglichkeit in einem eigenen Unternehmen als Co-Gesellschafter:in unternehmerisch frei zu gestalten und gleichzeitig von der finanziellen Stabilität und der Sicherheit des deutschen Mittelstandes zu profitieren.

Wie gestalten Sie den Übernahmeprozess und welche Herausforderungen kommen auf die Nachfolgeunternehmer im übernommenen Unternehmen zu?

Wir sehen die Menschen als das wichtigste Kapital in einem Unternehmen. Deshalb steht es für uns an erster Stelle, die Belegschaft transparent und frühzeitig abzuholen und sie aktiv in den Nachfolgeprozess zu integrieren. Denn Veränderungen schüren immer auch Ängste, die es aktiv zu nehmen gilt. Genau deshalb müssen Nachfolge-Unternehmer:innen schnell eine Bindung zur Belegschaft aufbauen und vermitteln: Unsere Nachfolge soll kein Umbruch sein! Bei diesem Schritt können auch abgebende Unternehmer:innen unterstützen. Denn insbesondere in mittelständischen Unternehmen drehen sich viele Prozesse und Netzwerk-Kontakte um die Person des Geschäftsführers oder der Geschäftsführerin. Wie sie den oder die Nachfolger:in einführen, kann maßgeblich den Erfolg der Nachfolge beeinflussen. Deshalb wünschen wir uns in der Regel, dass die Nachfolger:innen zu Beginn der Nachfolge von den Alt-Inhaber:innen begleitet werden. So können das Wissen und die Kontakte Stück für Stück auf die neue Unternehmensführung übergehen und bestehende Geschäftsbeziehungen sind weniger gefährdet. Viele abgebende Unternehmer:innen freuen sich zudem über die Möglichkeit das Unternehmen noch ein paar Jahre in einer beratenden Funktion oder als Beirat zu begleiten – ohne dem Alltagsstress des operativen Geschäftes ausgesetzt zu sein.

Was würden Sie mit Ihrer Erfahrung als Gründer, erfolgreicher Unternehmer und Berater Unternehmen, die einen Verkauf in Erwägung ziehen, und angehenden Gründern und Gründerinnen raten?

Aus meiner Erfahrung würde ich Unternehmer:innen, die einen Verkauf planen, raten, den Prozess proaktiv anzugehen. Denn oft wird unterschätzt, wieviel Zeit tatsächlich nötig ist, um eine erfolgreiche Nachfolge zu planen. Wir sprechen hier nicht von Monaten, sondern oft von Jahren. Je länger man einplant, desto besser kann man gestalten und unterschiedliche Optionen gegeneinander abwägen. Gründunginteressierten würde ich raten, sich zu überlegen, weshalb sie gründen möchten. Haben sie eine individuelle, einzigartige Idee? Dann ist ein Start-Up vermutlich tatsächlich das Richtige. Doch wenn man in erster Linie an unternehmerischer Gestaltungsfreiheit interessiert ist, ist eine Nachfolge sicherlich sinnvoller als eine Neugründung – allein wegen des geringeren wirtschaftlichen Risikos.

Herr Zimmer, wir danken für das Gespräch!

Mehr Informationen und Anmeldung zur Veranstaltung am 18.10., 17 Uhr, Kreishaus Osnabrück: WIGOS UnternehmensService, Axel Kolhosser, Tel. 0541-501 4702, kolhosser@wigos.de

Bildunterschrift:

Axel Kolhosser, WIGOS-UnternehmensService, (v.li.), Referent Tobias Zimmer und Thomas Serries, Leiter des WIGOS-UnternehmensService, freuen sich auf die Veranstaltung am 18. Oktober.

Foto: Sandra Joachim-Meyer


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