Ende Juni ist es soweit. Bis dahin müssen die Vorgaben des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) umgesetzt und Webseiten barrierefrei sein. In einem Interview mit Monika Moche vom Grafikbüro Monika Moche aus Osnabrück zeigt diese auf, welchen Punkten man bei der Umsetzung u.a. Beachtung schenken sollte.
Frau Moche, ist die neue Gesetzgebung wirklich sinnvoll?
Man kann nun stöhnen und sagen „schon wieder eine Vorgabe mehr …“ Aber, ehrlich gesagt, ja nach meiner Meinung ist sie sinnvoll. Denn es gibt viele Menschen, die die Inhalte auf der Webseite nicht ohne Weiteres wahrnehmen können. Weil sie Bilder und Texte nicht, oder nicht gut sehen können. Weil die Schrift zu klein ist. Weil sie Videos und Audios nicht hören können oder auch weil sie motorische Schwierigkeiten haben, Webseiten zu bedienen. Natürlich gibt es Hilfsmittel zur Unterstützung, wie Screenreader. Aber diese Hilfsmittel müssen mit der Webseite kompatibel sein. Darauf, finde ich, kann man Rücksicht nehmen.
Wer ist von den neuen Regelungen ausgenommen?
Kleine Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von unter 2 Millionen Euro sind von den Anforderungen ausgenommen. Außerdem müssen Inhalte, die sich nur an Geschäftskunden richten, meistens nicht barrierefrei sein. Dies sollte aber deutlich auf der Webseite erkennbar sein.
Was braucht die vorgeschriebene Barrierefreiheit nun?
Ein wichtiger Punkt sind Textalternativen für alle Nicht-Textinhalte: Also beschreibende Texte zu Bildern und Grafiken, die inhaltlich relevant sind. Untertitel für Videos. Erklärungen bzw. Textscripte für Audiodateien. Rein dekorative Elemente, wie eine Trennlinie, brauchen dagegen keine Beschreibung. Die Webseite muss mit der Tastatur – ohne Maus – komplett bedienbar sein. Es dürfen keine Inhalte enthalten sein, die Anfälle auslösen könnten, wie beispielsweise stark blinkende Elemente. Überschriften und Labels müssen beschreibend und verständlich sein. Das heißt beispielsweise, ein Button oder Link muss beschreiben, was er auslöst. Außerdem benötigen Text und Hintergrund ein Mindestkontrastverhältnis.
Was gilt es zum Thema responsives Design zu beachten?
Alle Inhalte müssen Responsive sein, also vergrößerbar. Dabei müssen alle Elemente zugänglich bleiben und nicht an den Seiten verschwinden. Formulare müssen ihre Felder beschreiben, Fehler beim Ausfüllen benennen und eine Lösung vorschlagen. Außerdem muss der Wechsel der Sprache innerhalb eines Dokuments markiert sein.
Gibt es auch Änderungen bei der Textgestaltung?
Indirekt, denn die Texte müssen strukturiert sein: Die Überschriften müssen als Überschriften markiert werden. Es sollte keine Sprünge in der Hierarchie geben, also von einer Überschrift erster Ordnung (H1) auf eine Überschrift dritter Ordnung (H3) usw. geben.
Bedeutet dies alles eine große Umstellung?
Viele Punkte gehören ohnehin zu den Grundsätzen einer guten Webseite und werden momentan noch von Google positiv bewertet – sollten also sowieso schon berücksichtigt sein. Aber Aufwand steckt schon dahinter, zumal es ein „lebendiger“ Prozess ist, nichts das einmal abgearbeitet wird. In Deutschland ist darüber hinaus eine Barrierefreiheitserklärung vorgeschrieben, und Nutzende müssen die Möglichkeit haben, Probleme mit der Barrierefreiheit einfach über eine E-Mail oder ein Kontaktformular zu melden.
Wie kann ich checken, ob die Website den neuen Anforderungen entspricht?
Kostenlose Testmöglichkeiten für die eigene Webseite gibt es beispielsweise unter https://bik-fuer-alle.de/easy-checks.html oder https://wave.webaim.org/.
Frau Moche, wir danken für das Gespräch.
Hinweis: Dieses Interview gibt lediglich einen Überblick über die Thematik und erhebt keinen Anspruch auf eine vollständige und letztendlich rechtlich einwandfreie Beschreibung der neuen Gesetzgebung. Es ersetzt keine umfassende Beratung zum Thema.