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"Eine klassische Stellenanzeige reicht heute nicht mehr aus!"

FACHKRÄFTESICHERUNG
Foto: © WIGOS - miriamslichtbuehne

Sandra Schürmann, Leiterin des WIGOS-Fachkräftebüros, unterstützt Unternehmen bei der Fachkräftegewinnung und -bindung. Worauf es dabei ankommt, verrät sie im Wirtschaft aktuell-Interview.

Frau Schürmann, Unternehmen klagen seit Jahren über den zunehmenden Mangel an Fachkräften. Sie stehen nicht nur vor der Herausforderung, Nachwuchskräfte zu finden, sondern diese auch langfristig an das Unternehmen zu binden. Wie kann das Fachkräftebüro der WIGOS Unternehmen bei der Bewältigung dieses Problems unterstützen?

Sandra Schürmann: Grundsätzlich raten wir Unternehmen, alle von Jobcentern und Agentur für Arbeit begleiteten Potenziale zu nutzen. Von dieser Zusammenarbeit können Unternehmen direkt profitieren. Eine weitere Chance besteht für Unternehmen darin, die Arbeitszeit ihrer Fachkräfte zu verlängern, zum Beispiel von 75 auf 100 Prozent. Dem entgegen steht jedoch der „Work-Life-Balance-Trend“, gepaart mit vergleichsweise geringen Auszahlungsunterschieden bei einer Stundenreduzierung. Große Erfolge sind daher nicht zu erwarten, insbesondere in Anbetracht des derzeit vielfach geäußerten Wunsches vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach einer Vier-Tage-Woche.


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Die demografische Entwicklung, der Eintritt der Babyboomer in den Ruhestand sowie der daraus unter anderem resultierende Arbeitskräfte-Fachkräftemangel werden 2030/2035 voll durchschlagen. Dann müssen neue „Kollegen“ – die Digitalisierung, die Künstliche Intelligenz und Roboter – voraussichtlich den Mangel ausgleichen. Je nach Branchen werden unterschiedliche Wege einzuschlagen sein und die Themen Umschulung und Weiterbildung werden in den nächsten Jahren noch mehr an Gewicht gewinnen. Aber: Selbst wenn die genannten Maßnahmen alle greifen, gilt das, was das Institut der Deutschen Wirtschaft im Oktober 2021 folgendermaßen zusammenfasste: „Ohne Zuwanderer sieht der Arbeitsmarkt alt aus“.

Was kann die WIGOS dabei konkret tun?

Schürmann: Um Unternehmen bei der Fachkräftegewinnung zu begleiten, wurde im Herbst 2012 das Fachkräftebüro ins Leben gerufen. Wir bieten neben der Impulsberatung „Finden und binden“ den „Check Up Gesunde Arbeit“ in Zusammenarbeit mit dem GewiNet, dem Kompetenzzentrum Gesundheitswirtschaft, an. Darüber hinaus unterstützen wir Unternehmen mit dem Projekt „#grenzenlos“, dem Check in Zusammenarbeit mit dem Migrationszentrum der MaßArbeit und dem IQ Netzwerk Niedersachsen. Auch unser „Azubimarketing-Check“ in Zusammenarbeit mit der Servicestelle Schule Wirtschaft der MaßArbeit wird sehr gut angenommen. Wertvolle Tipps bekommen Unternehmen in unseren Online-Expertentalks zu den verschiedenen Themen wie Social Media, Videoproduktion, Recht, Gesunderhaltung von Mitarbeitenden, Homeoffice, Führung, IT-Security, strategische Personalplanung, Suchmaschinenoptimierung, betriebliche Kennzahlen und viele weitere Themen. Und natürlich präsentieren wir im Rahmen der Fachkräftekampagne „Da staunst‘e“ auf Messen den erfolgreichen Wirtschaftsstandort Osnabrücker Land und zeigen die Karrierechancen für Azubis, Studierende, Arbeitskräfte und Fachkräfte auf. Wir bewerben auf diesem Wege unsere Jobzentrale mit tausenden Stellenangeboten. An Studierende, insbesondere internationale Studierende, richten sich unsere speziellen Formate wie Study and Stay@Osnabrück. Diese sollen Studierende an die Region und unseren Wirtschaftsstandort binden. Im Rahmen von „Students meet Business“ veranstalten wir gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung Osnabrück und der Hochschule Osnabrück 30-minütige Sessions für Studierende, in denen sie Unternehmen aus der Region kennenlernen können. Seit dem 1. September obliegt uns nun auch die MINT-Koordination für den Landkreis Osnabrück. Aktiv sind wir auch in puncto gesteuerte Zuwan- derung.

Der Ansatz, eine Stellenanzeige zu schalten, um dann die Flut an Bewerbungen zu sichten und unter den vielen Kandidaten auswählen zu können, greift heute nicht mehr. Viele Unternehmen haben das erkannt und gehen bei der Fachkräftegewinnung neue Wege. Welche kreativen Ansätze verfolgt das Fachkräftebüro und was raten Sie Unternehmen für die erfolgreiche Fachkräftesuche?

Schürmann: Zuallererst gilt: Unternehmen sollten so sichtbar wie möglich für potenzielle Azubis oder Bewerberinnen und Bewerber sein. Dazu gehört, dass sie alle Kanäle, die ihnen möglich sind, bedienen. Dies kann durchaus auch mal unkonventionell sein. Neben Messen, Anzeigen, Schulkooperationen und sozialen Netzwerken gibt es sicher noch spannende neue Ideen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Unternehmen könnten zum Beispiel eine Plakatfläche mit einer Anzeige an Bushaltestellen, an Schulen oder Hochschulen buchen – oder mal eine Messe in angrenzenden Regionen besuchen. Chancen bieten auch „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“-Programme. In jedem Fall sollten Unternehmen mit der eigenen Arbeitgebermarke auf sich und die besondere individuelle Unternehmenskultur aufmerksam machen. Nachhaltigkeit ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Stichwort. Heutzutage reicht eine klassische Stellenanzeige einfach nicht mehr aus. Auch die, die heute noch nicht aktiv nach einem neuen Job suchen, könnten derzeit nicht hundertpro-
zentig zufrieden sein. Durch eine Präsenz in den sozialen Medien und der Presse könnten sie auf attraktive Unternehmen und angenehme Unternehmenskulturen sowie spannende Benefits aufmerksam werden.

Haben Sie Tipps?

Schürmann: Grundsätzlich rate ich dazu, Stellenanzeigen moderner und zeitgemäßer zu gestalten. Das bedeutet, nur noch wirklich die absolut notwendigen Punkte im Profil zu nennen. Der Fokus sollte darauf liegen, was das Unternehmen den Fachkräften bietet. Unternehmen müssen sich bewerben und von anderen abheben. Die jüngeren Generationen werden eher über Fotos oder bewegte Bilder angesprochen. Ganz wichtig ist auch die Möglichkeit, sich ganz unkompliziert bewerben zu können. Mitunter reicht da schon ein Formular, das Bewerber direkt auf der Homepage ausfüllen können. Auch eine Chatfunktion per WhatsApp wird gerade bei den Jugendlichen sehr gerne genutzt. Wenn es darum geht Azubis zu gewinnen, ist auch die Ansprache der Eltern ein wichtiger Baustein, denn diese sind nach wie vor die wichtigsten Berater für die Jugendlichen, wenn die Ausbildungsbetriebssuche startet.

Und wie erreicht man die Eltern?

Schürmann: Hier sind gute Bindungsprogramme für Praktikanten ganz wichtig. Eltern können zum Feedback-Gespräch eingeladen werden, sofern der Praktikant einverstanden ist. Unternehmen können Praktikantinnen und Praktikanten mit Postkarten zum Geburtstag, zu Weihnachten und so weiter anschreiben. Auch eine Karte nach dem Motto „Wir haben noch freie Ausbildungsplätze“ könnte wertvoll sein. Vielleicht können Unternehmen Praktikanten im Anschluss ihres Praktikums ja sogar direkt einen Ausbildungsplatz anbieten. Sie können diese und ihre Eltern oder auch Freunde zu Betriebsbesichtigungen einladen. Auch unsere Servicestelle Schule Wirtschaft bei der MaßArbeit des Landkreises bietet Elternabende vor Berufsorientierungsmessen an, die für Eltern sehr hilfreich sind.

Immer mehr Unternehmen setzen auf Fachkräfte aus dem Ausland. Welche Erfahrungen haben Sie mit der Rekrutierung aus dem Ausland?

Schürmann: Wir haben in der Vergangenheit mit einer Agentur aus Bremen bereits einige Fachkräfte aus Spanien für die hiesigen Unternehmen rekrutiert. Dabei werden sie in Sachen Spracherwerb, Matching, Anreise, Behördengänge und Wohnung unterstützt. Häufig kommen die spanischen Fachkräfte den Unternehmen sehr gelegen, da diese die Stellen ansonsten nicht besetzen konnten. Wichtig ist, eine Full-Service-Agentur damit zu betrauen. Anderenfalls sind die Herausforderungen in Einzelfällen sehr hoch. So sind Agenturen, die nur das reine Matching der Bewerber mit den Unternehmen anbieten, bei den Unternehmen nicht so gefragt. Oft bedeutet das auf Seiten der Unternehmen zusätzliche Arbeit. Viele verzichtend dann lieber ganz auf die Kraft, was natürlich schade ist.

Wie sehen Sie die Rolle der WIGOS dabei?

Schürmann: Wir beraten Unternehmen und stellen Kontakte bei der gesteuerten Zuwanderung aus dem Ausland her. Es handelt sich um kleine Projekte, manchmal auch Pilotprojekte. Für die Region Spanien haben wir zum Beispiel eine feste Agentur, mit der wir Fachkräfte für unseren Wirtschaftsraum schon mehrfach für Unternehmen oder Institutionen gewonnen haben, unter anderem Sozialassistenten für Kitas. Es sind aber auch Fachkräfte für das Handwerk oder den IT-Bereich in den vergangenen Monaten dabei gewesen. Darüber hinaus starten wir zusammen mit der Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, Kreishandwerkerschaft und den Berufsbildenden Schulen derzeit ein Pilotprojekt, um im nächsten Jahr chinesische Azubis für Ausbildungsbetriebe zu gewinnen. Hier arbeiten wir auch mit einer Agentur zusammen, sodass die beteiligten Unternehmen in Sachen Sprachkurse, Anreise, Visum, Wohnen und so weiter gut begleitet und nicht alleine gelassen werden. Ziel des Projekts ist es, Erwachsene ab 18 Jahren aus China für eine Ausbildung ab August 2023 für die Region zu gewinnen. Die potenziellen Auszubildenden reisen bereits im Frühjahr nächsten Jahres an, um hier vor Ort einen weiteren Deutschkurs über vier Monate zu belegen. So kann die Berufsschule und betriebliche Einarbeitung von Anfang an funktionieren.

Das Interview erschien in der Wirtschaft aktuell, Ausgabe Dezember 2022

Die gesamte Ausgabe der Wirtschaft aktuell finden Sie als Flipbook unter dem Link 

https://www.yumpu.com/de/document/view/67453391/wirtschaft-aktuell-zeitschrift-fur-die-wirtschaft-im-osnabrucker-land-nr-100-27-jahrgang-ausgabe-lv


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